Der Schwächste fliegt – Wenn der Körper auf Sparflamme geht

Jeder kennt sie, die skeptischen Fragen, die zweifelnden Blicke und verurteilenden Kommentare der Menschen im Ramadan. Alle meinen, auf Essen zu verzichten sei nicht das Problem, aber der Wasserverzicht sei schädlich – das könne doch nicht gesund sein...

Dabei ist das Fasten ohne Essen und Trinken eine Form des Fastens, die seit Jahrhunderten in verschiedenen Regionen und Kulturen praktiziert wird. Von den Ureinwohnern Amerikas bis hin zu  den Indern ist das  sogenannte Trockenfasten Brauch. Etabliert ist es heute vor allem in Russland, wo auch die meisten Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen durchgeführt werden.

Auch die geistliche Komponente spielt beim Trockenfasten eine große Rolle. So soll es Konzentration und Aufnahmefähigkeit fördern und neurale Verknüpfung erhöhen. Auch die Spiritualität spielt dabei eine Rolle. 

Man unterscheidet zwischen dem milden und dem absoluten Trockenfasten. Während beim milden Trockenfasten nur auf die innerliche Aufnahme von Wasser verzichtet wird, ist beim absoluten Trockenfasten der Kontakt zu Wasser komplett verboten. Duschen oder Zähneputzen sind dann also nicht erlaubt. 

Unterschiede gibt es zudem auch in den Intervallen der Fasteneinheiten. Angefangen bei 12 Stunden, empfehlen manche Ernährungswissenschaftler das Trockenfasten von bis zu 36 Stunden. Im Ramadan sind die Fastenzeiten an Sonnenaufgang und Untergang gebunden und erstrecken sich derzeit von 11 Stunden im tiefen Süden bis hin zu 20 Stunden im hohen Norden. Die Maximalgrenze wird von Muslimen also nie erreicht.

Die Fettverbrennung

Aus Nahrungspartikeln wird Wasser gemacht. Der menschliche Organismus funktioniert beim Fasten wie ein Kamel. Was ist im Höcker des Kamels? Nein, nicht Wasser, sondern Fett! Und was passiert im Organismus, wenn ein Kamel durch die Wüste zieht? Genau! Der Körper entnimmt den Fettzellen ihr Wasser! 

Wenn wir im Ramadan fasten und somit dem Körper weder Flüssigkeit noch Nahrung zuführen, gerät dieser sozusagen in einen Notstand. Der Körper hat jetzt nur eine Priorität: Energie sparen, damit er diesen Entzug durchsteht. Entsprechend scannt der Körper den Organismus nach schwachen Zellen, die dem Körper nichts nützen, aber viel Wasser enthalten und dem Körper Energie rauben.

Diese Zellen im menschlichen Körper sind zum großen Teil aus gesättigten Fettsäuren. Sie heißen so, weil diese Fettsäuren mit Wasser gesättigt sind. Und genau diese greift der Körper beim Trockenfasten an! Die gesättigten Fettsäuren bestehen nicht nur aus Wasserstoff, sondern auch aus Sauerstoff. Beim Fasten spaltet der Körper den Wasserstoff ab und stellt so Wasser her. Und zwar 110g aus 100g Fett! Ähnliches passiert mit den wasserhaltigen Kohlenhydraten, die ihm zur Verfügung stellen.

 

Die Entgiftung

Dieser Vorgang des Körpers kann als eine Art des Recycling verstanden werden. Denn der Körper entledigt sich nutzlosen und ineffektiven Zellen und baut sozusagen eine Armee gesunder und effektiver Zellen auf. Der gleiche Prozess geschieht übrigens auch beim Schlafen. Da wir im Schlaf ebenfalls nichts trinken, zerstört er auch in diesem Zustand schwache Zellen. Deshalb fühlen wir uns nach dem Schlafen auch so fit und deshalb brauchen wir auch so viel Schlaf, wenn wir krank sind!

Doch was passiert genau im Körper, wenn ihm Wasser fehlt? Es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen dem Flüssigkeitsvolumen in den Zellen und außerhalb der Zellen. Der Körper versucht dann, dieses Ungleichgewicht auszugleichen und schleust den Inhalt der Zellen, der nicht wichtig ist heraus – die Toxine! Durch das Trockenfasten hat man also bei weitem die höchste Entgiftungswahrscheinlichkeit!

 

Die Bekämpfung von Entzündungen

Auch Entzündungen brauchen Wasser, um bestehen zu können. Wenn dem Körper jedoch nicht mehr genug Wasser von außen zugefügt wird, muss er das körpereigene Wasser rationieren und wird es nur den gesunde Zellen zur Verfügung stellen. Bakterien, Viren und Parasiten erhalten dann kein Wasser mehr und sterben. Außerdem werden Entzündungsmarker durch Wasser im Körper transportiert. Wenn dieser Transport nicht mehr gewährleistet wird, kommen sie nicht mehr an. Das ist wie mit einem Sumpf voller  Mücken, die dort ihre Eier legen. Wenn kein Wasser mehr da ist, dann können dort auch keine Mücken mehr Eier legen. 

 

Die Ausnahmen

Doch wie bei allen Formen des Fastens, sollten nur gesunde und fitte Menschen fasten. So sollte das Trockenfasten nur von normalgewichtigen Menschen durchgeführt werden. Bestimmte Personengruppen sollten nicht fasten wie etwas ältere Menschen, Kinder und Heranwachsende, schwangere Frauen oder Menschen, die Medikamente nehmen. Das entspricht auch den Ausnahmen, die Allah uns im Quran genannt hat.

Denn tatsächlich kann diese Form des Fastens gefährlich werden. Deshalb ist es auch wichtig, das Fasten gewissenhaft durchzuführen und gut auf den eigenen Körper zu hören. Alarmieren und je nach Situation zum Abbrechen führen sollten folgende Symptome: Herzrasen, niedriger Blutdruck, Kreislaufschwäche, Lethargie und eingesunkene Augen.

Wichtig ist für alle Fastenden, sich ausgewogen zu ernähren und viele Vitamine und Ballaststoffe zu sich zu nehmen. Obst und Gemüse, sowie Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte sind sehr bekömmlich, während man auf zu viel Fett, Salz und Zucker verzichten sollte, Nur so kann der Körper von der reinigenden Kraft des Fasten profitieren. Und nur dann ist das Fasten auch gesund, man ist aktiver und hat weniger Durst!

 

Übrigens:

Dass man sich in den ersten Tagen im Ramadan so schlecht fühlt und beispielsweise Kopfschmerzen hat oder unreine Haut bekommt, liegt an den vielen Giftstoffen im Blut, die freigesetzt wurden und nun ausgeleitet werden müssen.

 

Im Ramadan geht es nicht in erster Linie um die gesundheitlichen Aspekte. Nichtsdestotrotz finden wir es wichtig, auch über die gesundheitlichen Vorteile des Fastens zu sprechen und mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass Muslime für ihre Religion ihrem Körper schaden. 

 

Autorin: Debora Mendelin