Zahlreiche Hilfsorganisationen und Islamic Relief fordern von der US-Regierung die Rücknahme der Einstufung von Ansar Allah als terroristische Organisation

26. Januar 2021 - 22 im Jemen tätige Hilfsorganisationen fordern in einem gemeinsamen Aufruf die US-Regierung dazu auf, die Terror-Einstufung von Ansar Allah unverzüglich zu widerrufen. Sie teilen ihre Sorge über die humanitären Folgen der am 19. Januar 2021 in Kraft getretenen Einstufung von Ansar Allah als „Foreign Terrorist Organization (FTO)“ und „Special Designated Global Terrorists (SDGT)“ mit der Öffentlichkeit. Unterzeichnende NGOs sind neben Islamic Relief u.a. Care, Diakonie Katastrophenhilfe, Save the Children und Oxfam.

„Jede Beeinträchtigung der lebensrettenden Hilfsmaßnahmen und der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Treibstoff, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern wird das Leben von Millionen Menschen gefährden. Die Rücknahme der Terror-Einstufung ist der einzig wirksame Weg, um die jemenitische Zivilbevölkerung vor den katastrophalen humanitären Auswirkungen zu schützen“, stellen die humanitären Akteure in der deutschen Erklärung klar, die im Original vor zwei Tagen auf Englisch publiziert wurde.

Auch Islamic Relief Landesdirektor im Jemen Muhammad Zulqarnain Abbas warnte vor den Folgen der Entscheidung der US-Regierung, Ansar Allah, die De-facto-Behörden im Norden des Jemen, als ausländische Terrororganisation zu bestimmen: „Diese Entscheidung gefährdet das Leben von Millionen von Menschen im Jemen, die bereits am Rande einer Hungersnot stehen. Das Abschneiden oder Reduzieren dieser Lebensader könnte sie jetzt verhungern lassen.“

Aus diesen Gründen fordern die 22 Hilfsorganisationen die Biden-Regierung auf, die Bezeichnung unverzüglich zu widerrufen. Dies spiegele die dringenden Forderungen der UN-Führer während des Briefings des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über den Jemen am 14. Januar 2021 wider.

Die Einstufung von Ansar Allah als terroristische Organisation werde den von den Vereinten Nationen geführten Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts schaden. Durch die Unterstützung des UN-geführten Friedensprozesses - als „einzige nachhaltige Lösung für die Krise im Jemen“ - habe die neue Biden-Administration immer noch die Chance, den eingeschlagenen Kurs umzukehren und stattdessen die Kriegsparteien und die internationale Gemeinschaft dafür zu mobilisieren, den Konflikt und das Leid der Menschen im Jemen zu beenden.

Landesdirektor Muhammad Zulqarnain Abbas zur Lage vor Ort und den Befürchtungen für die jemenitische Bevölkerung:

„Nach fast sechs Jahren brutalen Krieges ist der Jemen der größte humanitäre Notfall der Welt. Fast 24 Millionen Menschen brauchen Hilfe, und Millionen mussten aus ihren Häusern fliehen. Die humanitäre Hilfe hat es gerade geschafft, eine Hungersnot zu verhindern, die Hunderttausende Menschenleben kosten könnte, aber die Unterernährung nimmt wieder zu und unsere Mitarbeiter und Freiwilligen helfen jeden Tag Menschen, die am Rande des Hungertodes stehen.“

 „Islamic Relief arbeitet unparteiisch und nimmt im Konflikt keine Seite ein. Wir leisten Hilfe überall dort, wo der größte humanitäre Bedarf besteht. Wir fordern die US-Regierung nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass schutzbedürftige Menschen im Norden des Jemen nicht weiter bestraft werden, nur aufgrund dessen, welche Gruppe das Gebiet kontrolliert, in dem sie leben.“

Warum die Sonder-Lizenzen die verheerenden Folgen nicht abschwächen

Der größte Teil der lebenswichtigen Arbeit von Islamic Relief im Jemen wird vorerst fortgesetzt, da dies unter die Bedingungen der vom OFAC (Office of Foreign Assets Control) der US-Regierung angekündigten Allgemeinen Lizenz fällt, die humanitären Organisationen umfassende Genehmigungen zur Bereitstellung von Hilfe erteilt.

„Die Lizenzen allein reichen jedoch nicht aus, um zu verhindern, dass die Einstufung katastrophale humanitäre Auswirkungen hat, und in Teilen des Jemen besteht ein echtes Hungerrisiko. Wir haben gemeinsam mit anderen internationalen NGOs die neue Biden-Regierung aufgefordert, die Entscheidung der vorherigen Regierung unverzüglich zu widerrufen. Die rechtlichen Auswirkungen der Benennung sind noch nicht vollständig geklärt, und es besteht immer noch die Gefahr von Störungen und Verzögerungen bei den Hilfseinsätzen während der größten humanitären Krise der Welt“, heißt es von Islamic Relief nach Rücksprache mit dem Jemen-Team.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Einstufung die Handelseinfuhren von Lebensmitteln, Treibstoffen, Medikamenten und anderen wichtigen Gütern, von denen das Leben der Menschen abhängt, stark beeinträchtigen und verringern wird. Zwischen 80 und 90 Prozent der Lebensmittel im Jemen werden importiert, und diese Handelseinfuhren sind derzeit in den Lizenzen nicht ausreichend abgedeckt. Viele Teile des Jemen stehen kurz vor einer Hungersnot, und jede Unterbrechung der Nahrungsmittelversorgung könnte die Menschen zum Hunger bringen.

Anmerkungen zur Arbeit von Islamic Relief im Jemen:

Im vergangenen Jahr unterstützte die Arbeit von Islamic Relief im Jemen 2,5 Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung, Wasser und sanitären Einrichtungen. Neben Lebensmittelverteilungen und Ernährungszentren versorgt Islamic Relief sechs Krankenhäuser und drei COVID-19-Zentren im Norden des Jemen mit medizinischer Versorgung und andere Unterstützung an.

Spenden für den Jemen können Sie unter: https://www.islamicrelief.de/hungersnot-im-jemen/

Eine Liste der Unterzeichnenden NGOs und die vollständige Erklärung finden Sie unter: https://www.presseportal.de/pm/145487/4821492