Sensibilität im Umgang mit Hilfsbedürftigen

Neuer Leitfaden vom Lutherischen Weltbund und Islamic Relief Worldwide

Viele hilfsbedürftige Menschen haben einen bestimmten Glauben oder sind religiös geprägt, viele Nothelfer sind darauf jedoch nicht vorbereitet oder nicht darin geschult. Wie man mit dieser Situation umgehen kann, erklären der Lutherische Weltbund (LWB) und Islamic Relief Worldwide in einem gemeinsam erarbeiteten Leitfaden über „Glaubenssensibilität“ im Umgang mit Flüchtlingen. Dieser soll humanitären Organisationen und Helfern den respektvollen Umgang mit gläubigen Geflüchteten näherbringen.

Die Notwendigkeit für die Erstellung eines solchen Leitfadens sahen die beiden Hilfsorganisationen darin, dass die meisten Empfänger von humanitärer Hilfe einen religiösen Hintergrund haben oder gläubig sind. Doch aufgrund von humanitären Prinzipien wie Unparteilichkeit und Neutralität hielten sich Helfer meist dabei zurück, religiöse Aspekte bei der Traumabewältigung miteinzubeziehen. Der Leitfaden kann ihnen in dieser Situation helfen. „Helfer können auf den Glauben von Flüchtlingen eingehen, und das muss nicht im Widerspruch zur Neutralität und Unparteilichkeit stehen, “ erklärt Michael French, Projektleiter beim LWB, in einem Interview auf welt-sichten.org. Dies sei vielen Helfern nicht bewusst.

„Die humanitären Helfer sollen den Leitfaden in die Gesäßtasche stecken und direkt bei ihrer Arbeit vor Ort benutzen können. Uns war es wichtig, nicht nur ein Dokument zum Diskutieren zu veröffentlichen,“ sagt er weiterhin. Zudem sei es wichtig, den Dialog zu lokalen Glaubensgemeinschaften aufzunehmen. Diese könnten in bestimmten Situationen beispielsweise einem traumatisierten Flüchtling besseren Beistand leisten als ein humanitärer Helfer. Hierfür sollte man die vorherrschenden Religionen vor Ort kennen und verstehen. Helfer sollten also „glaubenssensibel“ sein. Die Zusammenarbeit müsse trotz allem von Prinzipien der Menschenrechte geleitet sein, so French vom LWB.

Der Ratgeber befasst sich vor allem mit den Bereichen psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung; es werden aber auch andere Themen und Fragen behandelt wie beispielsweise: „Welches Essen dürfen Gläubige zu sich nehmen oder welche Art von Unterkunft benötigen sie?“ Wenn Organisationen und deren Mitarbeiter die religiösen Praktiken der Bedürftigen kennen und respektieren, erleichtert es deren Arbeit und das Miteinander ungemein.

Der Leitfaden wurde erstmals in Afrika, Asien und dem Nahen Osten getestet und angewandt. Viele Organisationen fanden ihn hilfreich und freuten sich darüber, in diesem Bereich nun endlich ein praxisnahes Handbuch nutzen zu können.

Der Leitfaden ist als Projekt unter gemeinsamer Leitung des Lutherischen Weltbundes und Islamic Relief Worldwide in Zusammenarbeit mit weiteren religiösen und nicht-religiösen Organisationen, wie beispielsweise dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR, dem psychosozialen Zentrum in Kopenhagen vom Roten Kreuz, World Vision und anderen entstanden.